Wie viel ist man imstande einem Körper zuzumuten, bis der Geist endlich versteht, dass er umdenken muss?
Oder sollte es besser heißen: wie viel muss man einer Seele zumuten, bis der Körper so laut schreit, dass ein Weghören unmöglich wird?
Wie lange dauert es, bis Selbstverantwortung nicht nur ein leeres Wort sondern eine gelebte Religion wird?
Raus aus der Opferrolle, rein in die Rolle: Ich darf, ich kann, ich lebe und vor allem so wie es MIR gut tut. Man kennt nur dieses geschulterte, erdrückende Schuldgefühl, welches permanent in die Knie zwingt.
Nie hat es gereicht, nie hat man entsprochen – doch wem eigentlich? Genau hingesehen war man eigentlich immer selbst sein eigener Richter, sein eigener Henker.
Nicht gut genug...
„Du hältst es ja aus“...
Die bezeichnenden Worte... Gesprochen von der Person, die mir eigentlich am nächsten hätte stehen sollen und von der ich mich gerne beschützt gefühlt hätte.
„Du hältst es ja aus“...
Da war sie dann plötzlich nach vielen Jahren, die Gewissheit. Nein,... ich halte es nicht aus. Ich halte es nicht mehr aus. Nicht mehr und vor allem nie wieder....
Kein – ich kann nicht mehr – begleitete diese Gewissheit, sondern ein entschiedenes – ich will nicht mehr.
Tiefe Traurigkeit und Enttäuschung machten sich breit, doch es blieb kaum Platz für sie, denn den hatte bereits der andere Part alleine für sich beansprucht.
Endlich – nach Monaten ist die Zeit und der Platz für den Schmerz gekommen. Der Körper zwingt zum Stillstand, zur Einkehr, zur Denkpause.
Endlich Zeit um um den verlorenen Traum zu trauern. Den beschützenden, starken Mann an meiner Seite, den es so nie gab... Eine Illusion, ein frommer Wunsch, eine Seifenblase, die endlich zerbarst.
Bestenfalls liefert ein ganz normales Leben dann noch die „üblichen“ Verdächtigen wie Schuldgefühle dem eigenen Kind gegenüber, welches es im Leben schwerer hat als neurotypische und dann zur Krönung noch hat man (in meinem Falle Frau) es nicht mal geschafft trotz aller Bemühungen und Spagate in allen Richtungen – diesem wunderbaren Schatz ein intaktes Elternhaus zu bieten. Ein Jahrzehnt ist vergangen – von teilweise unaussprechlichen Schmerzen und fast 50 Operationen überschattet, aber Aufgeben – keine Option.
„Du hältst es ja aus.“
Das Kind hat eine (vermeintlich) glückliche Mutter und ein (vermeintlich) intaktes Elternhaus verdient!
Schließlich war alles gut geplant, genau überlegt. Also: Reiße dich zusammen!
Nach außen hat das Bild immer gehalten. Welch’ ein Aufwand, was für ein Kraftakt.
Aus die Kraft, aus der Mut, aus ist es mit der „starken Frau“...
Die starke Frau kann und vor allem aber will nicht mehr... Denn das Ganze war eine große Täuschung. Der Versuch etwas zu schaffen und aufrecht zu erhalten mit der Kraft, die eigentlich zwei Personen hätten aufbringen sollen. Unhaltbar alleine, untragbar, unmachbar.
Es blieb vorerst, trotz aller Kognition, das Gefühl im Herzen gescheitert zu sein. Und das tut weh, sehr, sehr weh... Lange kratzte der Glaubenssatz wie ein Staubkorn im Rachen „vielleicht hättest du mehr können, vielleicht hättest du mehr sollen“... aber dann sitze ich hier, schaue auf meinen mittlerweile wirklich geschundenen Körper herunter und sage mir: Nein, es ist genug.
Mein Sohn verdient vor allem Eines: eine glückliche Mutter! Und dann sollte dies auch Priorität haben statt in altväterischen Glaubensmustern zu verfallen, wo man die klassische Famlilienkonstellationen VOR das eigene und somit vor das Glück des Kindes stellt.
Und als ich das wirklich verinnerlicht hatte, meinte es auch „mein“ Leben gut mit mir...
Es ist und bleibt für uns alle die größte Herausforderung unsere Glaubenssätze zu überprüfen.
Schmerz – egal in welcher Form – ist so gut wie immer durch einen störenden, bremsenden Glaubenssatz begründet.
Es liegt an uns zu prüfen, ob wir so leben, wie wir es WIRKLICH wollen, ob wir WIRKLICH UND WAHRHAFTIG in unserer Authentizität leben oder ob wir doch - tief drinnen – versuchen, wem auch immer, zu entsprechen.
Im Endeffekt schaue ich jetzt zurück und es tut mir leid, was alles geschehen musste, damit ich endlich meine Augen öffnen konnte. Ich bin fast entsetzt, wie stur ich in eine Richtung gelaufen bin und mich gewundert habe, dass diese mich nicht an mein Ziel führt. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen zuzugeben, dass ich mich wohl „verfahren“ hatte und Umkehren die bessere Option gewesen wäre.
Aber wie heißt es so schön? Es ist nie zu spät und mittlerweile weiß ich, dass das Leben IMMER richtig ist. Die Frage ist lediglich, wie sehr wir uns und dem Leben auch vertrauen. Vertrauen, indem wir annehmen, was unser Körper spricht und uns endlich wieder auf unsere Intuition zu verlassen beginnen, die wir – vor lauter Denken – völlig verkümmert, aber dennoch in uns tragen.
Nur, wenn wir wieder beginnen „mit unserem Herzen zu denken“ leiten wir unser Leben in die Bahnen, nach denen wir uns alle sehnen ... und landen schließlich in aufrichtiger und vollkommener Zufriedenheit, eingebettet in Vertrauen und Liebe, der Liebe zu uns selbst.
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Konrad (Sonntag, 16 Februar 2020 16:52)
Ein sehr berührender Blog. Zum Nachdenken. Alles Gute Verena.
Verena (Sonntag, 16 Februar 2020 17:01)
Lieber Konrad :-)
Danke für deine Zeit, die du dir genommen hast, meinen Blog zu lesen.
Ich hoffe, du schwimmst selbst genüsslich schon im Meer der Selbstliebe...
wir haben ein Leben hier und sollten es wirklich schätzen. Das tun wir am ehesten, indem wir authentisch sind und lieben ❤️